Acht Amtsjahre beendet der US-Präsident mit einem Paukenschlag: 35 russische Diplomaten ließ er des Landes verweisen, gegen zwei Russland gehörende Grundstücke wurde eine Blockade verhängt und Sanktionen gegen vier hochrangige Geheimdienstler. Gibt es eine greifbare Begründung?. Noch am konkretesten ist sie, wenn russischen Behörden vorgeworfen wird, US-Diplomaten kujoniert zu haben. Doch der schwerstwiegende Vorwurf, russische Hacker hätten versucht, das amerikanische Wahlsystem zu korrumpieren muss im Vagen bleiben. Zum einen kann der Beleg dafür nicht erbracht werden. Cyberexperten sehen allenfalls Indizien in den von FBI und NSA in dem gemeinsamen Papier Grizzly Steppe genannten technischen Details und der Auflistung von fast 50 vorgeblich oder tatsächlich russischen zivilen wie militärischen Hacker-Gruppen. Tatsächlich widmet sich der überwiegende Teil des 13-seitigen Dokumentes Hinweisen dazu, wie man sich gegen Angriffe via Internet schützen kann. Ironie der Geschichte – die weltgrößte geheime Lauschbehörde aus Fort Meade gibt Netzwerkadministratoren Nachhilfe in Sachen Computersicherheit.
Dass die Vorwürfe vage gehalten werden, hat zugleich den Charme, dass weiter ein Hauch von Zweifel über Donald Trumps Wahlsieg schwebt. Das ist feinnerviger als der Vorwurf des republikanischen Senators John McCain, der von einem Kriegsakt spricht. So deuten sich nebenbei – in der Sache, nicht im Ton – in der Politik gegen Russland Gemeinsamkeiten zwischen Weißem Haus und einem Teil der Republikaner und Differenzen unter den Republikanern an. Ob sie die Amtseinführung des neuen Präsidenten überdauern?
Üblicherweise verläuft die Ausweisung von Diplomaten nach dem Prinzip „schägst du meine Tante, schlag ich deine Tante“. Doch Russlands Präsident ließ die Parade des scheidenden US-Präsidenten ins Leere laufen, in dem er dem Vorschlag seines Außenministers 35 US-Diplomaten auszuweisen, nicht folgte. Er hielt sich damit alle Optionen offen.